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Caravaggios Stellung in der Kunsttheorie des 17. Jahrhunderts*

… presso alcuni si stima haver esso rovinato la pittùra.[1]

Caravaggios erster Biograph Giovanni Baglione hatte wenig Positives über den Künstler zu sagen, den er persönlich gekannt hatte und mit dem er überdies verfeindet gewesen war.[2] Caravaggio habe sein Talent missbraucht, seine zahlreichen Nachfolger irregeleitet und die Malerei damit zerstört. Seine Nachahmer würden sich schlicht darauf beschränken – wie ihr Vorbild auch – die Natur zu imitieren und sich allein auf die Wirkung der Farben verlassen. Damit sei jedoch keine Erzählung zustande zu bringen, denn um Figuren zu einer historia zu verweben, sei es notwendig, die Grundlagen des disegno zu studieren, so Baglione.

Diese Kritik an der Malweise Caravaggios findet sich auch in Pietro Belloris Lebensbeschreibung des Künstlers wieder: Michelangelo da Caravaggio habe, als man ihn auf die Schönheit antiker Statuen hinwies, nur wortlos auf eine Menschenmenge gezeigt, berichtet Bellori und bringt dieses schweigende Zeigen mit einer ähnlichen Geste des antiken Malers Eupompos von Sicyon, die durch Plinius überliefert ist, in Zusammenhang.[3] Auch dieser hatte, nach den Vorbildern seiner Kunst befragt, auf eine Gruppe Menschen gedeutet – allerdings hatte Eupompos diesen Zeigegestus mit erklärenden Worten begleitet. Nicht so Caravaggio: Nach Belloris Bericht bleibt er stumm – und ebenso stumm bleibt seine Malerei. Wie schon Giovanni Baglione erklärt auch Bellori, dass die Konzentration auf kräftige Farben nichts anderes als eine Imitation der Natur und einen Effekt des Momentanen, Augenblickshaften hervorbringe, der im Gegensatz zu einer sich zeitlich entwickelnden Erzählung steht. Kontiguität, die sich nicht zu einer Erzählung schließen will, als Folge fehlender konzeptueller Anstrengungen, ist nach Bellori ein Charakteristikum der Malerei Caravaggios.

Die Wahrheit der Malerei liege vielmehr in der konzipierten Form, in der Zeichnung, die in der Tiefe des Bildes bleibt, verborgen unter Farbe, die nur einen Effekt sinnlicher Wahrnehmung darstelle. Die Beschreibungen, die alle ihre außerordentliche Farbwirkung und im Besonderen ihr Oberflächenrelief hervorhoben, sprachen der Malerei Caravaggios eben jene verborgene Tiefe ab, die durch die darunter liegende Zeichnung gegeben schien. Für das klassische Denken stellte disegno das Konzept dar, das nicht durch die Sinne erfahrbar, sondern durch die Anstrengungen des Intellekts lesbar wurde. Im Netz einer entstehenden akademischen Sprache waren die Begriffe disegno und colore zu Wertkategorien geworden, die universelle Gültigkeit beanspruchten, um damit die subjektive Kunstbetrachtung zu regulieren.[4] Vor allem den Autoren im Umkreis der französischen Académie Royal de Peinture et de Sculpture gelang es, daraus ein diskursives Feld zu formen, das die Rede über Kunst im 17. Jahrhundert und darüber hinaus bestimmen sollte.[5]

Mr. Poussin lui repartis-je, ne pouvoit rien souffrir du Caravage, & disoit qu’il étoit venu au monde pour d étruire la Peinture.[6]

In diesen Worten Poussins, die durch André Félibien überliefert sind, scheint sich die Kritik Bagliones zu wiederholen und doch gibt es entscheidende Differenzen zwischen den beiden so ähnlichen Aussagen über Caravaggios Kunst.[7] Bagliones Äußerung, Caravaggio habe die Malerei zerstört, lässt sich als Aussage über gewisse technische Aspekte künstlerischer Ausführung lesen, die Caravaggio und seine Nachfolger daran gehindert hätten, gute Historienbilder zu malen. Poussins Kritik stellt demgegenüber eine Radikalisierung dar, die Caravaggios Existenz auf eine einzige Funktion zusammenzieht und gleichzeitig diese Funktion, nämlich die Malerei zu zerstören, auf sein gesamtes Wollen hin ausdehnt. Darin zeigt sich ein Denken, das sich an Vorstellungen totalitärer Ganzheit orientiert, die auch Poussins künstlerisches Schaffen bestimmten, und die ihn zu einem zentralen Exempel und Informanten des institutionalisierten Kunstdiskurses werden ließen.[8] Poussins Urteil bezieht sich auf Caravaggios Stellung im Feld einer diskursiven Praxis, die ihre eigenen Grenzen als die der Malerei verstand, und die ihre Denkformen auf die Malerei zu übertragen versuchte. Das Ergebnis war eine Grammatik der Kunstbetrachtung und eine Hierarchie der Gattungen, die als Paradigmen der akademischen Theoriebildung jeden Äußerungsakt transzendierten.[9]

Es stellt sich die Frage, weshalb die genannten Autoren, die den Beginn des klassischen akademischen Diskurses im 17. Jahrhundert formten, nicht aufhören konnten, über jenen Maler zu sprechen, der ihrer Meinung nach von eben diesem Diskurs auszuschließen war. Könnte es sein, dass Caravaggios Kunst die Mechanismen einer sprachlichen Praxis sichtbar machte, die im Verborgenen bleiben mussten, damit sich ein spezifisches System der Repräsentation, wie es von den klassischen Autoren gefordert wurde, durchsetzen konnte? Ist die Malerei Caravaggios zu verstehen als der Ort im Zentrum der klassischen Repräsentation, das sprechende Subjekt, das den akademischen Diskurs hervorbringt – ein Subjekt, das nicht aufscheinen darf, um dem Sprechen über Kunst jene Transzendenz zu verschaffen, welche die klassische Theorie für sich in Anspruch nahm?[10] An jenen Orten jedoch, an denen das Negative wiederkehrt, wie in der Rede über Caravaggio, erscheint das Subjekt der Äußerung in seiner unreduzierbaren inneren Differenz.[11] Der Zwang, immer wieder über Caravaggio sprechen zu müssen, würde sich demnach aus einem Begehren des diskursiven Subjekts nach Totalität ergeben, das es in die paradoxe Lage bringt, jenen Teil seiner selbst, den es ausscheiden möchte, als das eigene Fremde unentwegt wiederkehren zu sehen.[12]

Détruire la peinture[13]

Der Titel einer 2003 erstmals in deutscher Sprache erschienen Publikation Louis Marins zu Caravaggios Malerei als eine weitere Wiederholung? Auch hier gibt es entscheidende Unterschiede, sowohl zu Bagliones als auch zu Poussins Aussage. Hatte bereits Baglione die Meinung nicht näher bezeichneter anderer wiedergegeben („[…] presso alcuni si stima […]“), und war Poussins Aussage durch einen anderen – nämlich Félibien – überliefert worden, so eröffnet der genannte Titel die Frage nach dem Autor sowohl der Aussage als auch des Zerstörungsaktes. Das unvermittelte Nebeneinander von Zerstören und Malerei verweist darüber hinaus auf Eigenschaften der Kunst, die möglicherweise immer schon in der Zerstörung zu suchen waren, leitet sich détruire doch vom lateinischen struere/stuctum ab, um mit der Anfügung des Präfix de- nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Aufhebung/Verneinung zu bezeichnen.[14] Welcher Art ist die Komplizenschaft zwischen Malerei, Struktur und Zerstörung – jenen Worten also, die als Titel einer Publikation über Caravaggios Kunst so geschickt ineinander gefaltet wurden?

Im Anschluss an eine Zusammenfassung der Diskussionen zwischen Erwin Panofsky und seinen Kollegen um die Bedeutung der Inschrift „et in arcadia ego“, wie sie auf dem Grabstein in Poussins Arkadischen Hirten von 1640 erscheint, stellt Marin die Frage: „Nutzlose Gelehrtendiskussion?“ und er antwortet: „Was in der Tat quer durch den Austausch der Argumente hindurch zu bedenken bleibt, ist die Frage nach der Wahrheit in der Malerei, nach dem Subjekt von Repräsentation als Äußerung, sowie nach der Autonomie des narrativ Geäußerten.“[15]

Repräsentation – um diesen Begriff kreist die Fragestellung und auch der Satz. Er führt zu einer Publikation aus dem 17. Jahrhundert, erstmals erschienen 1662 mit dem Titel L’Art de penser, bekannt als die Logik von Port-Royal.[16] In der Logik von Port-Royal wurde ein Modell der Repräsentation entfaltet, in dem das Verhältnis des Denkens zur Sprache einerseits und das Verhältnis zwischen der Sprache und den Dingen andererseits geregelt werden. Die Sprache, die bisher wie die Dinge entziffert werden musste, wurde dabei aus diesem Zusammenhang herausgelöst und als Zeichensystem thematisiert.[17] Sprache wurde vorgestellt als ein transparentes Medium, in dem sich Aussagesubjekt und Aussageakt auflösen, und in dem sich in objektiver Weise die Gegebenheiten einer vorgefundenen Welt wiederfinden. Diese Strukturen sprachlicher Repräsentation als Mechanismen des Denkens ließen sich offenbar mühelos auch auf bildliche Darstellungen übertragen. Wohl zu keiner Zeit war der Glaube an die syntagmatische Lesbarkeit von Bildern so ausgeprägt wie in der klassischen Kunsttheorie des 17. Jahrhunderts. Poussins Anweisung aus einem der Briefe an seinen Freund und Förderer Fréart de Chantelou – „Lesen Sie die Geschichte und das Gemälde, um zu erkennen, ob jedes Ding dem Sujet angemessen ist“[18] – zeigt ein fast widerstandsloses Gleiten zwischen Text und Bild.

Ainsi ils étoient bien opposez l’un à l’autre.[19]

Mit diesen Worten klassifiziert Félibien die künstlerischen Auffassungen Caravaggios und Poussins als absolute Gegensätze und ordnet ihre Arbeiten damit als signifikante Elemente der gleichen paradigmatischen Achse zu. Beide Künstler beschäftigten sich mit den Möglichkeiten der Repräsentation im Historiengemälde, wobei sich ihre jeweilige Besonderheit durch die Differenz zum anderen bestimmen lässt.[20] Wie Félibien ausführt, besteht ihre Opposition in der Vornehmheit der Sujets bei Poussin gegenüber Caravaggios Neigung, sich zur Wahrheit des Natürlichen hinreißen zu lassen.[21]

Erinnern wir uns kurz an die Ausgangshypothese: Caravaggios Kunst als der abgründige Ort an dem das verdrängte Subjekt der Aussage wiederkehrt – ein Subjekt, das nur als Abwesendes, als Verneintes in der klassischen Repräsentation vorhanden ist. Während Poussin an der Totalisierung der Erzählung, an der Autonomie der Aussage gegenüber einer Äußerungsinstanz arbeitet, ist es die Ambivalenz jeglichen Äußerungsaktes, die für Caravaggio eine gegebene Bedingung von Abbildbarkeit darstellt. Die Gestalten seiner Malerei sind gespaltene Figuren: Abgetrennte Köpfe, Haarscheitel, Gewandfalten und gerissene Nähte sind äußerliche Spuren einer immer schon vollzogenen grundlegenden Teilung, die sich bei Caravaggio bis in die Sujets erstreckt.[22] Aus der Spaltbarkeit und Gespaltenheit der Gestalten Caravaggios ergibt sich ein weiteres Problem in Bezug auf die Regeln des ikonischen Syntagmas, dessen Lesbarkeit nicht nur von den Figuren selbst, sondern auch von deren Zwischenräumen abhängt: Durch die fehlende innere Kohärenz gelingt es den Figuren auch nicht, sich nach außen hin abzugrenzen. Wo immer mehrere Gestalten in Caravaggios Gemälden zusammentreffen lässt sich die Tendenz beobachten, sie zu Körperklumpen zusammen zu schließen – die Körper scheinen einem unwiderstehlichen Agglutinationszwang zu folgen. Beides, die Unmöglichkeit einer eindeutigen Bedeutungseingrenzung der Figuren als auch ihre Unabgrenzbarkeit gegeneinander, sind Merkmale, die Caravaggios Malerei zum Gegenstand der klassischen Kritik werden ließen.

Abb. 1: Michelangelo da Caravaggio, Gefangennahme Christi, 1602, Öl auf Leinwand, 133,5 × 169,5 cm, Dublin, National Gallery

Die von Bellori beschriebene Gefangennahme Christi kann hierfür ein Beispiel geben. (Abb. 1) Es ist bezeichnend, dass Bellori die Darstellung nicht als zusammenhängendes, chronologisch geordnetes Geschehen erfasst. Seine Beschreibung gibt vielmehr ein Nebeneinander miteinander verbundener Details wieder.[23] Die Figuren drängen sich eng um Christus, so dass Körpergrenzen und Gliedmaßen sich vorerst nicht eindeutig zuordnen lassen. Jesus wird sowohl von Judas als auch von einem geharnischten Soldaten gepackt, deren Arme sich überkreuzen. Ein zweiter Soldat hat den Mantel des fliehenden Johannes ergriffen, der sich über den Köpfen von Jesus und Judas zu einem Baldachin bläht und so den unumkehrbaren Augenblick des verräterischen Kusses einfängt. Am erstaunlichsten allerdings ist die Gestalt des Johannes, der wie ein janusgesichtiges Doppel aus dem Hinterkopf Jesu heraus zu wachsen scheint. Die überaus menschliche Angst des Jüngers, dessen Panik sich in einem Schrei entlädt, und die stille Hinnahme des Geschehens durch den Gottessohn – sind das nicht jene beiden Aspekte, die das Wesen Jesu nach christlicher Lehre ausmachen? Zwei Figuren, die, sich voneinander lösend, zu einer Gestalt verschmelzen; ein Vorgang, der in den verschränkten Händen am unteren Bildrand nochmals Ausdruck findet. Christus wird von Caravaggio in diesem Gemälde als die paradigmatische Figur der inneren Differenz schlechthin gezeigt.

Wie in vielen seiner Historiengemälde hat sich Caravaggio auch in diesem selbst dargestellt. Er hält eine Laterne hoch und gibt uns damit nicht nur im übertragenen Sinn das Ereignis zu sehen.[24] Caravaggio selbst ist der Szene so nahe, dass er paradoxerweise durch das Gedränge der Körper hindurch kaum in der Lage ist die Ergreifung Jesu zu erblicken. Der zu sehen gibt kann selbst nicht sehen: Tritt er zurück um die Ereignisse, oder im Falle eines Selbstporträts sein eigenes Spiegelbild, zu betrachten, so verliert er das zu malende Bild aus den Augen.[25] Bewegt sich der Blick des Malers vom Modell zurück zum Bild, so durchläuft er jenen winzigen Augenblick, in dem er weder das eine noch das andere sieht, und in dem sich die Verschiebung der Dinge vom Sein in die Vorstellung vollzieht. Es ist jener Moment, der sich im klassischen Diskurs nicht darstellen lässt, der das Subjekt in seiner (Nicht-)Existenz repräsentieren würde.

Baglione hatte es bereits bemerkt: So lässt sich im Sinne des klassischen Denkens keine Geschichte erzählen. Caravaggios Gemälde präsentieren die Repräsentation jener Instanz, in der die geordnete Abfolge der Signifikanten zum Stillstand kommt, in der die syntaktische Kette reißt, in der Substitution des transzendentalen Signifikats durch die Präsenz eines Ichs im Akt der Aussage, der immer auch ein Akt der Auflösung und der Zerstörung ist.


* Der vorliegende Aufsatz ist die gekürzte Fassung eines 2010 am Wiener Institut für Kunstgeschichte gehaltenen Vortrags. Zur Entstehung haben vor allem Wolfram Pichler, Johanna Függer und Simon Vagts beigetragen, die unabhängig voneinander und doch gemeinsam einen Raum eröffneten, in dem sich die Arbeit erst entwickeln konnte. Ihnen gilt mein besonderer Dank.

[1]  „Nach der Meinung einiger habe er die Malerei zerstört.“, Giovanni Baglione, Le Vite de‘Pittori, Scultori et Architetti, dal Pontificato di Gregorio XIII del 1572 in fino a’tempi di Papa Urbano Ottavo nel 1642, Rom 1642, S. 138.

[2] Zu Bagliones Lebenslauf siehe die etwas einseitige Biographie von Maryvelma Smith O’Neil, Giovanni Baglione. Artistic Reputation in Baroque Rome, Cambridge et al. 2002.

[3] Plinius d. Ä., Historia Naturalis, L XXXIV c 9. Vgl.: Alice Sedgwick Wohl (Hg.), Giovanni Pietro Bellori, The Lives of the Modern Painters, Sculptors and Architects. A New Translatation and Critical Edition, translated by Alice Sedgwick Wohl, Cambridge 2005, S. 180. Pietro Belloris Le Vite de Pittori, Scultori et Architetti moderni erschien erstmals 1672.

[4] Zu begriffsgeschichtlichen Entwicklungen vgl. Hans Körner, Auf der Suche nach der „wahren Einheit“. Ganzheitsvorstellungen in der französischen Malerei und Kunstliteratur vom mittleren 17. bis zum mittleren 19. Jahrhundert, München 1988, S. 14–24 u. 67–69, mit bibliographischen Anmerkungen. Ebenfalls: Wolfgang Kemp, Disegno. Beiträge zur Geschichte des Begriffs zwischen 1547 und 1607, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft XIX, 1974, S. 219–240.

[5] Zum gesellschaftlichen Umfeld und zur Rolle André Félibiens in der Festlegung eines begrifflichen Kanons vgl. Stefan Germer, Kunst – Macht – Diskurs. Die intellektuelle Karriere des André Félibien im Frankreich von Louis XIV, München 1997, S. 335–397.

[6] André Félibien, Entretiens sur les Vies et sur les Ouvrages des plus Excellens Peintres Anciens et Modernes avec la Vie des Architectes par Monsieur Félibien, Nouvelle édition, revue, corrigée et augmentée des conférences de l’Académie Royale de Peinture et de Sculpture, London 1705. Entretien VI, t. iii, S. 152: „Monsieur Poussin konnte von Caravaggio nichts leiden, und er sagte, dass dieser auf die Welt gekommen sei um die Malerei zu zerstören.“ Zit. n. Louis Marin, Die Malerei zerstören, Berlin 2003, S. 13. (Détruire la peinture, Paris 1981.)

[7] Fraglich bleibt allerdings, ob diese Aussage tatsächlich von Poussin stammt, oder ob Félibien sie aus taktischen Gründen dem Idol in den Mund gelegt hatte.

[8] Vgl. Paul Duro, The Academy and the Limits of Painting in Seventeenth-Century France, Cambridge 1997, S.122–128; Germer 1997, S. 497–502; und vor allem Körner 1988, S. 24–32. In den Worten von Thomas Puttfarken, Roger de Piles’ Theory of Art, New Haven 1985, S. 2: „It would be wrong, I believe, to introduce Poussin‘s paintings as illustrating certain academic points of view. Like his theoretical letters they were considered by the academicians as statements, as contributions to an argument rather than an illustration of it.“

[9] Vgl. Germer 1997, S. 356 u. 357.

[10] Zu den gesellschaftlichen Bedingungen die zur Gründung der Akademie im Jahr 1648 geführt hatten und zur Entwicklung eines theoretischen Diskurses durch Schriftsteller wie Fréart de Chambray und André Félibien vgl.Thomas Puttfarken, The Discovery of Pictorial Composition, Theories of Visual Order in Painting 1400–1800, New Haven/London 2000, S. 229–243.

[11] Vgl. Barbara Johnson, The Critical Difference, Essays in the Contemporary Rhetoric of Reading, Baltimore/London 1980, S. X: „The problem of difference can […] be seen both as an uncertainty over separability and as a drifting apart within identity.“ Vgl. auch Kaja Silverman, The Subject of Semiotics, Oxford 1983, S. 32 u. 33 zum Begriff der „différance“ bei Jacques Derrida.

[12] Wie Louis Marin bemerkt: „Das Ausgeschlossene, das eben weil ausgeschlossen und verneint Verneinte, konnte dann in das Feld, das es abzudichten geholfen hatte, zurückkehren.“ (Louis Marin, Das Portrait des Königs. Aus dem Französischen von Heinz Jatho, Berlin 2005, S. 103 [Le portrait du roi, Paris 1981]).

[13] Marin 2003.

[14]Hegels dialektischer Begriff der Aufhebung findet sich in Freuds Aufsatz zur Verneinung, wo er von Jean Hyppolite wieder gefunden, dessen Verständnis der Verneinung bestimmen sollte. Jacques Lacan, Schriften III, Olten 1994, S. 179–219 (Écrits, Paris 1966).

[15]  Marin 2003, S. 114 u. 115. Für eine kritische Kontextualisierung des Verhältnisses Marin/Panofsky siehe: Jutta Voorhoeve, Die Selbstverleugnung der Kunstgeschichte – Panofsky und Marin in Arkadien, in: Beyer/Voorhoeve/Haverkamp (Hg.), Das Bild ist König. Repräsentation nach Louis Marin, München 2006.

[16] Antoine Arnauld/Pierre Nicole, Die Logik oder die Kunst des Denkens. Aus dem Französischen übersetzt und eingeleitet von Cristos Axelos, Darmstadt 1994. Zur Logik von Port-Royal vgl. auch: Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften, Frankfurt am Main 1974, vor allem S. 91–107 (Les mots et les choses, une archéologie des sciences humaines, Paris 1966).

[17] Foucault 1974, S. 134: „In der Klassik ist das rohe Sein der Sprache – jene Masse von in der Welt niedergelegten Zeichen […] – verloschen, aber die Sprache hat mit dem Sein neue Beziehungen geknüpft, die noch viel schwieriger zu erfassen sind […].“

[18] Zit. n. Marin 2003, S. 50.

[19] Félibien 1705, S. 152. „So waren sie einander also völlig entgegengesetzt.“ (Zit. n. Marin 2003, S. 13.)

[20] Marin 2003, S. 46: „Poussin oder die Dekonstruktion des Historiengemäldes […] Caravaggio oder die Zerstörung der Historienrepräsentation […].“

[21] Nach Marin 2003, S. 13.

[22] Der folgende Abschnitt bezieht sich auf Beobachtungen aus einem bisher unveröffentlichten Vortrag von Wolfram Pichler.

[23] Bellori 1672, S. 207.

[24] Es sei darauf hingewiesen, dass die im Bild dargestellte Hand über der Laterne in dieser Weise durchaus auch einen Pinsel halten könnte.

[25] Vgl. Michael Fried, Thoughts on Caravaggio, in: Critical Inquiry, Vol. 24/1, Autumn 1992, S. 13–56.

Quellennachweis: Christine Brandner, Das gelesene Bild. Caravaggios Stellung in der Kunsttheorie des 17. Jahrhunderts, in: ALL-OVER, Nr. 1, Juli 2011. URL: http://allover-magazin.com/?p=374.

Christine Brandner studierte Kunstgeschichte in Wien und absolviert derzeit ein Doktoratsstudium an der Universität Yale. Ihre Forschungsinteresse reicht von spätmittelalterlichen Stickereien bis zum Verhältnis von Text und Bild in der holländischen Stilllebenmalerei des siebzehnten Jahrhunderts.
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