I.
Der Ursprung von Dan Grahams berühmter Werkreihe Homes for America liegt in einer Zeitschriftenarbeit aus der zweiten Hälfte der 1960er Jahre. Der gleichnamige ‚Artikel‘ wird im New Yorker Arts Magazine zum ersten Mal abgedruckt und erscheint in dem für kritische Auseinandersetzungen fruchtbaren Umfeld der amerikanischen Ostküstenmetropole. Homes for America berührt damals gleichermaßen kunsttheoretische Diskurse, die vor allem in Nordamerika zu dieser Zeit virulent sind, sowie es soziale Strukturen kommentiert, indem es die Vorstadthäuser in New Jersey zum Thema macht.
Dan Graham beschreibt in seinem Essay eine aktuelle Entwicklung der Stadtplanung, wie sie im Nachkriegsamerika in vielen Großstädten stattfindet und die symptomatisch für den Zeitgeist der Ära steht. In unmittelbarer Umgebung der Städte werden die typischen ‚Suburbs‘ errichtet. Ihre Anordnung und ihre Bauweise gehorchen den Prinzipien der Standardisierung und einer Begeisterung für ‚Instant-Produkte‘. Homes for America als eine bloße Berichterstattung über ein zeitbedingtes soziologisches Phänomen zu interpretieren greift schon insofern zu kurz, als dass der Künstler den Aufsatz bis ins Jahr 1978 insgesamt elf Mal in überarbeiteter Form veröffentlicht.[1] Die gestalterischen Variationen der Publikationen in Typografie, Bildauswahl, im Bild- und im Textverhältnis bzw. der Textverteilung sind bewusste Entscheidungen des Künstlers oder aber werden durch die verschiedenen Kontexte, in denen sie verwirklicht werden, bedingt. Anhand einer Analyse des Textes, formalästhetischer Beschreibungen und Interpretationen der Essay-Varianten sowie ihrer Einbettung in den Kontext des Kunstmagazins, des Künstlerbuchs oder des Ausstellungskatalogs wird die übergreifende Dimension von Homes for America sichtbar. Grahams Arbeit umspannt dabei nicht nur einen Zeitraum von zwölf Jahren, sondern gewinnt mit jeder erneuten Veröffentlichung des Artikels auch an Bedeutung, indem die jeweils neue Variante Spuren der Vorgänger enthält und diese fortlaufend um Referenzen ergänzt.
Die Erstveröffentlichung von Homes for Americas fällt in eine Phase, in der Text als Objekt und Medium an Stellenwert gewinnt und mit künstlerischem Arbeiten verwoben wird. Der Aufsatz ist eines der frühesten Beispiele der konzeptuellen Kunst, noch bevor Grahams Freund und Künstlerkollege Sol LeWitt 1969 mit den Sentences on Conceptual Art einen Definitionsansatz (ebenfalls in einem Magazin) publiziert.[2] Homes for America fungiert zunächst als eine Intervention gegen die Galerie als Präsentationsraum. Mit seinen Zeitschriftenarbeiten in den 1960ern entwirft Graham seine Kunstwerke als Text-Bild-Kompositionen, publiziert sie in Kunstmagazinen und weicht damit der Ausstellungssituation aus. Er stellt mittels der Massenverteilung den Status des Kunstobjekts in Frage, genauso wie die Autorität des Künstlers. Indem Graham nicht über etwas schreibt, das an einem Kunstort ausgestellt wird, sondern der Artikel selbst das ‚Objekt‘ darstellt, umgeht er den gängigen Verlauf von der Kreation über ihre Präsentation und Rezeption hin zur (abgedruckten) Kritik.[3] So handelt es sich bei der ersten Publikation von Homes for America um eine Auseinandersetzung mit dem Status quo der Kunstkultur, die Widersprüche zwischen hegemonialen Strukturen im Kunstkosmos offenlegt, wobei Präsentation und Verteilung, Betrachter und Autor problematisiert werden.[4]
Dan Graham veröffentlicht Homes For America ab 1969 erneut in abgeänderter Form in Kunstmagazinen und limitierten Bucheditionen. Aus einer singulären Textarbeit wird ein tiefgreifendes Projekt, an dessen Effekt die Kunstwelt Anteil hat. Nicht nur, dass sie Graham in ihre Räume zurückholt und ausstellt (ab der dritten Variante für die John Gibson Gallery ist Homes for America in der Regel auch als Exponat realisiert), sie begünstigt die Verteilung auch durch Katalogaufsätze vom Künstler selbst, welche Bruchstücke analytischer Kommentare zum Werk enthalten, durch zahlreiche Interviews mit Graham und durch ein Spektrum an Texten und Kritiken von WissenschaftlerInnen.[5]
II.
Dan Graham betritt die Bühne der Kunstszene zu einer Zeit des Umbruchs: Gattungsgrenzen wurden ausgehebelt und dem Diskurs darüber, was Kunst sein kann, wird in den zahlreichen neuen New Yorker (Galerie-)Räumen großzügig Platz gegeben. Dan Graham selbst leitet ab 1964 einen dieser Räume und muss ihn trotz (rückblickend) aufregender Ausstellungen nach kurzer Zeit wieder schließen.[6] Im Folgejahr schießt er einen Teil jener Fotografien, die sich später mitunter zu Homes for America zusammensetzen. Graham erhält die Möglichkeit Ende 1966 mit einer Dia-Show dieser Fotos an der Ausstellung Projected Art am Finch College, New York teilzunehmen.[7] Während dieser Projektion, die auch Grahams erste Ausstellung ist, schlägt Susan Brockman (Redaktionsassistenz beim Arts Magazine) vor, die Fotografien in der Zeitschrift zu veröffentlichen. Sodann kompiliert Graham nach kurzer Recherche einen Artikel um seine fotografischen Arbeiten: „[…] I thought of doing an article that typographically would be like serial houses, a replication of them. […] the entire page was basically designed as a kind of schema of minimalism.”[8] Doch der ‚designte‘ Aufsatz wird von der Redaktion ausgerechnet um die Abbildungen Grahams’ gekürzt und präsentiert sich unter dem Titel Homes for America in der Dezember 1966 – Januar 1967 Ausgabe des Arts Magazines folglich in ganz anderer Gestalt als beabsichtigt.
Der veröffentlichte Essay erstreckt sich auf etwas weniger als eineinhalb Seiten und beschäftigt sich mit der Ästhetik und dem Charakter der seriell angelegten Wohnblocks. Zunächst bleibt Graham deskriptiv und veranschaulicht seine Bestandsaufnahme mit Auflistungen von Auswahlmöglichkeiten und deren Kombinationen. Im Fortgang des Artikels wandelt sich der Ton hin zu einer Kritik an den Intentionen, der Qualität und den Konsequenzen des Baus von Reihenhaussiedlungen, wie er sie selbst in den Gemeinden New Jerseys Mitte der 1960er beobachtet hat.
Der Artikel lässt sich grob in drei inhaltliche Einheiten zusammenfassen. Das erste Drittel widmet sich einer allgemein gehaltenen Einführung. Er verengt seinen Blick auf die Häuser selbst, indem er ihr Aussehen und ihre billige Bauweise charakterisiert, um schließlich daraus die sequenzielle Logik dieser Siedlungen offenzulegen. Im zweiten Drittel konkretisiert Graham seine Ausführung indem er das Angebot einer Agentur aus Florida als Beispiel aufführt. Cape Coral Housing bietet in den 1960ern acht Hausmodelle und acht Farben für den Fassadenanstrich an. Er listet die Möglichkeiten auf und führt für eine hypothetische Sequenz von acht Häusern à vier Modellen ein Anordnungsbeispiel vor. Die abschließenden Absätze beleuchten die Folge der neuen Wohnsituation kritisch. Graham benennt die Entkoppelung von Architekt und Haus, von Bewohner und Behausung und von neuer Wohnsiedlung und Umgebung als negative Auswirkungen der Reihenhausprojekte in amerikanischen Vorstädten.
Dan Graham verfasst mit Homes for America etwas, das wie eine Reportage über ein zeitgenössisches Wohnphänomen aussieht. Das Format der Zeitschrift gibt zwar den optischen Aufbau des Artikels vor, dennoch fällt die besondere Schriftarchitektur ins Auge. Jene scheint mit der Dreigliederung des Textes hinsichtlich Ton und Inhalt zu korrespondieren. Der Einsatz unterschiedlicher Schrifttypen für die jeweiligen Texteinheiten, Variationen im Schriftschnitt sowie die Auflistungen und Abbildungen führen innerhalb der Seiten zu weißen, unbedruckten Bereichen beziehungsweise ergeben Konturen und Formen, die den Essay in seiner im Magazin abgedruckten Version einem Bild vergleichbar oder als eine Collage interpretierbar machen.
Homes for America kündigt sich mit einer groß gedruckten Überschrift an. Es folgen der Untertitel und der Autorenname sowie eine Liste von 24 Ortsnamen, bevor der Artikeltext beginnt. In der Initialveröffentlichung im Arts Magazine sind zwei Abbildungen in den Text eingefügt. Beide – eine Fotografie von Walker Evans sowie das Bild aus der Wohnungsbau-Broschüre – sind farblos und korrespondieren mit der schwarz-weißen Gestaltung des Textes. Sie sind untereinander in der ersten Spalte platziert, gehen über die Spaltengrenzen links hinaus und enden am Außenrand der Zeitschrift. Die fotografische Aufnahme stammt aus einer Fotoserie von Walker Evans, welche 1938 als American Photographs ausgestellt wird und dessen Katalogform sich als ein Klassiker des Fotografiekanons etabliert.[9] Für das Arts Magazine ist das Foto zu allen vier Seiten beschnitten und hinsichtlich der Breite an den Broschürenausschnitt angepasst worden, auf dem das Beispiel für das Hausmodell „The Serenade“ abgedruckt ist. Retrospektiv erläutert Dan Graham, dass er die Abbildung aus der Broschüre während der Recherche ausgewählt und diese in ein Gesamt-Layout einschließlich eigener Aufnahmen aus seiner New Jersey-Reihe integriert und abgeliefert habe. Die Redaktion des Arts Magazines habe sich dafür entschieden seine Aufnahmen für die Veröffentlichung durch eine von Walker Evans zu ersetzen.[10]
Dass es sich beim ersten Bild um Reihenhäuser handelt ist offensichtlich. Bei der zweiten Abbildung jedoch ist die Lektüre des Essays nötig um den Ausschnitt einzuordnen; dieser gehört ausdrücklich zum Text, da das Modell „The Serenade“ in der Liste der Hausvarianten mit aufgeführt ist. Veranschaulicht die Abbildung von „The Serenade“ durchaus das vorgeführte Beispiel im Text, so ist der Einsatz der Evans-Fotografie nur mit dessen Popularität erklärbar. Graham selbst war bei Erscheinen von Homes for America ein im Vergleich unbekannter Künstler.
III.
Dass Dan Graham mit Homes for America eine andere Route verfolgt als sie vom Arts Magazine gelegt wurde, zeigt sich in der ersten Wiederveröffentlichung des Artikels. Im Jahre 1969 stellt Graham ein Künstlerbuch zusammen, das unter dem Titel End Moments seine bis dahin entstandenen Artikel und Arbeiten sammelt – darunter Homes for America, wenn auch in einer von der Erstveröffentlichung abgewandelten Form.
Bei dieser Veränderung soll es nicht bleiben: Bis 1978 werden insgesamt elf Versionen publiziert. Dabei ist nicht nur das Layout jeweils umorganisiert, sondern auch die Bildanteile sind maßgeblich – bezüglich Anzahl, Auswahl und Arrangement – modifiziert. Mit jeder Veröffentlichung scheint ein neues Werk kreiert worden zu sein, was vor allem der Konstitution neuer Text-Bildrelationen geschuldet ist. Jede Publikation rekurriert zudem auf ihre Vorgänger, basiert auf ihnen und fügt ihnen Bedeutungsgehalt zu. Es entspinnt sich ein referentielles Netzwerk unter den Varianten, wobei jede für sich steht und gleichzeitig ein Puzzleteil der gesamten Arbeit ist, welche sich nunmehr über 12 Jahre hinweg erstreckt (Arts Magazine, 1966 bis Articles, 1978).
Mit steigendem Bekanntheitsgrad Grahams ändert sich die Art und Weise der Präsentation. Ausgehend vom ersten Artikel, bei dem Graham von der Redaktion als Autor behandelt wird, veröffentlicht der Künstler Homes for America in Eigenregie zunächst in Künstlerbüchern und es taucht nur ein weiteres Mal in einer Zeitschrift auf. Später ergeben sich aufwändige Varianten in großen Formaten als Lithografie und als Foto Offset-Print mit farbigen Bildern. Mit seiner Etablierung folgen Einzelausstellungen in bekannten Museen und im Zuge dessen die Realisation von Katalogen. Es variieren die Präsentationsformate, die Größe und Zusammensetzung des erreichten Publikums, aber auch die Erscheinung und Haptik der gedruckten Essays.
Da dabei der Text inhaltlich mehr oder weniger unverändert überdauert und vor allem die Bildanteile Veränderung erfahren, liegt die Einschätzung nahe, dass der Text als das tragende Gerüst fungiert. Die ausgewählten Bilder und die Textbausteine dienen Graham dabei als Module, welche er verschiebt und in Beziehung setzt, was bei jeder Variante eine andere Wirkung und Erscheinung bedingt. Im Folgenden sollen einige der Varianten genauer beschrieben werden, um den Wandel der Arbeit zu veranschaulichen.
Variante #2: End Moments, 1969
Das im Vorjahr zusammengestellte Künstlerbuch End Moments wird 1970 von Dan Graham selbst herausgebracht.[11] Es handelt sich dabei um eine Sammlung von Kunst- und Kulturkritiken sowie eigenen Textarbeiten, die er kommentiert. Graham bestimmt hier Inhalt, Format, Papier, Typen und Reihenfolge der Texte selbst. Es kann nicht von einer neu gesetzten Variante des Arts Magazine-Artikels geredet werden, da lediglich die abfotografierte zweite Seite gedruckt ist. Der einzige, wenn auch gravierende Unterschied liegt im Bildanteil. Die Abbildung der Broschüre bleibt vorhanden, doch dort, wo sich zwei Jahre zuvor Walker Evans’ Fotografie und die Bildangaben befanden, sind nun zwei Fotos von Dan Graham zu sehen. Beide Bilder zeigen Backsteinfassaden sowie jeweils zwei parallel nebeneinander liegende Hauseingänge. Die zwei Fotografien korrespondieren mit Grahams Text vor allem auf visueller Ebene insofern mit hellen und dunklen Flächen sowie mit Linien und Raster vergleichbar gespielt wird. Es lassen sich jeweils Äquivalente ausmachen, wobei die Schwarzweiß-Verteilung exakt umgekehrt erscheint. So entsprechen die weißen parallelen Türen den schwarzen ‚Säulen‘ der Buchstabenpermutationen ABCD, welche auf den schwarzen Textzeilen ‚stehen‘. Jene sind unter den Türen durch die weißen Treppensimse repräsentiert.
In End Moments gehen die ‚neuen‘ Bildelemente eine spannendere Beziehung zum Text ein ,als es in der Arts Magazine-Version möglich gewesen ist. Graham äußert sich in End Moments allerdings nicht hinsichtlich eines Fehlers seitens der Zeitschrift; im Gegenteil, er unterlässt nicht nur eine Erwähnung der Abänderung, sondern gibt vor, dass es sich bei der im Künstlerbuch abgedruckten Seite um den Ursprungszustand handle. Vor der abgedruckten veränderten Seite, endet der Absatz zu „Magazines As Formal Context“ mit den Worten: „FOLLOWING IS THE SECOND PAGE OF THE ARTICLE, RE-PRINTED“.[12]
Da „Re-printed“ offenbar keinen neuen, an End Moments angeglichenen Schriftsatz bedeutet und der Artikel zudem unvollständig ist, dient diese Veröffentlichung als Illustration und Beleg zugleich. Der konkrete Inhalt scheint demnach nicht von primärem Interesse gewesen zu sein; eine Annahme, die durch die Miniaturisierung der Arts Magazine-Seite zusätzlich gestützt ist, denn die im Zuge dessen verkleinerte Schrift ist nur schwer lesbar. Graham nutzt die Dokumenthaftigkeit des Bildes aus und greift mit seiner Manipulation in die Rezeptionsgeschichte von Homes for America ein.
Variante #3: 1966, 1970
1970 findet in der John Gibson Gallery in New York eine Ausstellung Grahams statt, die Arbeiten aus dem Jahr 1966 zusammenführt. Begleitend zur Ausstellung erscheint der Katalog 1966. Dan Graham. Im Katalog nimmt Homes for America den hybriden Charakter zwischen Abbildung und Text ein. Denn abermals verwendet Graham die Arts Magazine-Variante, passt die Schrifttypen nicht an die übrigen Texte an, unternimmt jedoch eine Umverteilung der Elemente. Der Ursprungsartikel wurde für den kleinen Katalog offensichtlich in seine Bestandteile ‘geschnitten’ und wieder zusammengefügt, um in das Format zu passen. So ist die Broschürenabbildung „The Serenade“ versetzt und die Spaltenanzahl trotz übernommener Textanteile verändert. Die von Dan Graham angestrebten Referenzen zwischen Text und Fotografien können ohne zusätzliches Fotomaterial freilich nicht geliefert werden. Doch die Platzierung der Abbildung an den Seitenanfang bedingt eine zur ersten Seite analoge Aufteilung insofern, als nun beide Seiten mit einem bildhaften Block (inklusive einer Liste) beginnen und nahezu gleich viele Fließtextanteile und Listen beinhalten.
Homes for America rekurriert in seiner Gestaltung für die John Gibson Gallery zwar auf den Arts Magazine-Artikel, jedoch wurde durch die Platzierung auf einer Doppelseite vor allem ein zusammenhängendes visuelles Artefakt geschaffen und damit der Grundstein gelegt für die Wandlung in ein ausstellbares Objekt.[13]
Variante #4: Interfunktionen 7, 1971
1971 erscheint ein überarbeitetes Homes for America in Interfunktionen: Zeitschrift für neue Arbeiten und Vorstellungen.[14] Der Essay wird nach dem Arts Magazine ein zweites Mal in einer Zeitschrift abgedruckt und zum ersten Mal außerhalb der Vereinigten Staaten herausgegeben. Graham ändert das Layout des Artikels, der nun drei Seiten umfasst und kehrt zur dreispaltigen Aufteilung – wie im Arts Magazine und in End Moments – zurück.[15] Indes ist es nicht die Arts-Magazine-Version, die geschnitten und neu aneinander gefügt ist, sondern jene aus 1966. Deutlich sind die Schnittkanten und Verschiebungen zu erkennen. Doch weitere sind hinzugekommen, die sich aus der Aufteilung und Zusammensetzung für die aktuelle Variante ergeben. So haben bspw. die ehemals intakten Buchstabensäulen mittlerweile zwei ‘Brüche’ erfahren.
Der Aufbau auf Seite eins folgt einer dramatischen Zuspitzung: Die erste Spalte ist lediglich von Text gefüllt. Spalte zwei enthält Fließtext sowie die Listen A-H (Hausmodelle) und 1-8 (Fassadenfarben). Durch die Linksbündigkeit der Auflistungen ‘franst’ der schwarze Text aus, die rechten Zeilenenden sind unruhig und es ergeben sich Weißflächen. In der dritten Spalte platziert Graham den Titelblock genau spiegelbildlich zum Broschürenbild von Florida Cape Coral Homes auf der Folgeseite. Der spiegelbildliche Aufbau des Essays macht die Versetzung des Titelblocks nachvollziehbar. Wurden diesem Element zuvor schon Bild-Eigenschaften zugesprochen, wird es hier augenscheinlich als solches eingesetzt.
Der Ausschnitt „The Serenade“ bildet mit dem Textinhalt die bisher einzige Konstante mit den drei Vorgängerversionen. Graham verwendet für Interfunktion drei seiner New Jersey-Fotografien. Zwei davon tauchten schon in End Moments auf und es kommt zur ersten Wiederholung auf fotografischer Ebene. Das Foto auf der dritten Seite scheint aus diesem Rahmen zu fallen. Es stammt ebenso aus der New Jersey-Serie und zeigt den Ausschnitt einer Siedlung. Graham positioniert sich auf dem Gehweg und nimmt die Reihenhäuser entlang der Straße auf. Die Wahl des Ausschnitts erinnert an das Foto von Walker Evans, das fünf Jahre vorher von der Arts Magazine-Redaktion ausgewählt wurde. Nach links, an Größe abnehmend und versetzt angeordnet, stehen die dunklen Fassadenvierecke in scharfem Kontrast zum hellen Himmel. Weil das Foto gedreht ist, erscheint die Szene abstrakt, die beschriebenen Details treten in den Hintergrund und die strikte Aufteilung in eine helle und eine dunkle Hälfte, die akkurat an einer diagonal getreppten Linie verläuft, sticht hervor.
Variante #5: Lithografie, 1971
1971 entsteht eine Homes for America-Variante, die mit der bisherigen Distributionsform bricht: Am Nova Scotia College of Art & Design (NSCAD) realisiert er in Zusammenhang mit einem dort stattfindenden Workshop eine Lithografie in einer limitierten Auflage von nur 50 Exemplaren.[16] Das Layout für die Lithografie reduzieren Graham und die Klasse wieder auf zwei ‚Seiten‘. Obwohl es sich um ein Blatt unabhängig von den Beschränkungen eines Magazins, Künstlerbuchs oder Katalogs handelt, ist ein solcher Kontext vorgetäuscht. Homes for America ist zwar wie die Ursprungsveröffentlichung auf drei Druckspalten angelegt, der Text ist jedoch durch fünf Bilder unterbrochen, so wie drei weitere als Abschluss angefügt sind. Die Brüche zwischen den Zeilen, die beim Transport des Textes zu 1966 und zu Interfunktionen in Kauf genommen wurden, sind in der Lithografie nicht mehr vorhanden.[17] In Spalte zwei und drei alternieren Abbildungen, Listen und kurze Blockabsätze rhythmisch. Die Elemente in diesen Spalten sind durchaus als Fotobilder und Schriftbilder zu bezeichnen, die Graham zueinander anordnet. So beginnen beide Spalten mit parallelen Strukturen: Einmal sind es die Hauseingänge, daneben stehen die Buchstabensäulen. In beiden Spalten folgt nun ein Absatz inklusive Liste. Es schließen sich abermals parallele Strukturen an, in Form jener Fotografien der Haustüren, die schon in End Moments und in Interfunktionen eingesetzt wurden.
Den Abschluss dieser Homes for America-Version stellen zwei Fotografien, die über die zweite und dritte Spalte reichen. Das obere ist dasselbe wie in Interfunktionen, diesmal in horizontaler Ausrichtung, das untere Foto zeigt eine dritte Variante von Reihenhauspermutationen. Die Komposition ist im Gesamteindruck ausgewogen, wobei links die Textbilder überwiegen, sich zur Mitte mit den Fotobildern mischen, welche dann rechts dominieren.[18]
Das Design, welches am NSCAD entsteht, sollte jenem entsprechen, welches Graham für die erste Veröffentlichung geplant hatte.[19] Mit dem hypothetischen Layout nimmt Graham nicht nur abermals eine Richtigstellung der (Werk)Geschichte vor, gleichzeitig problematisiert er das Authentizitätsversprechen eines Kunstwerkes. Durch das Design und die Verwendung von Titel und Datum der Arts Magazine-Ausgabe simuliert er einen Re-print, kreiert die Illusion eines Massenmediums, welches in der Tat ein kunsthandwerkliches Produkt ist.
Variante #7: Foto Offset-Print, 1972
Im Jahr nach der Lithografie-Edition am Nova Scotia College of Art & Design treibt Graham die dort eingeschlagene Stoßrichtung weiter voran. Für den belgischen Kunstsammler Herman Daled fertigt der Künstler ein großformatiges und aufwendiges Foto Offset-Exemplar an, das auf zwei Boards – jeweils ca. 99 x 84 cm – aufgezogen ist. Dan Graham greift nicht auf die Arts Magazine-Ausgabe zurück, sondern verwendet das Design aus Kanada. Sein Verfahren, Schrift ebenso als Bildelemente einzusetzen wie Fotografie, erfährt in diesem Layout insofern eine Steigerung, als er den Text in Blöcke zerschneidet und mit Fotografien auf den beiden Tafeln arrangiert. Den Bildelementen (Schriftblöcke und Fotos) wird viel Platz eingeräumt und die Entwurfsillusion durch die handschriftlich hinzugefügten Anmerkungen gesteigert. Die Gestaltung der Daled-Version unterscheidet sich signifikant von allen vorhergehenden. Zum einen bezüglich der zahlreichen farbigen Abbildungen, die hier Eingang in die Homes for America-Reihe finden, zum anderen wegen der ausgestellten handwerklichen Bearbeitung der Tafeln.
Das Layout der Lithografie wurde vertikal entlang der Druckspalten zerschnitten und in Textblöcke geteilt. Es ergeben sich alles in allem 21 Schriftausschnitte, die mit 16 Bildern (14 Fotografien Grahams, ein Farbmuster und die Abbildung „The Serenade“) die beiden Tafeln ausfüllend einnehmen. Schrift- und Bildrechtecke wurden innerhalb der Spalten zentriert, was sie auf dem weißen Untergrund ‘schwimmen’ lässt. Kaum sichtbare, von Hand gezogene Führungslinien, welche die horizontale und vertikale Ausrichtung der Elemente markieren, halten sie in Schach. Die Linien unter den Abbildungen sind deutlicher, denn an diesen Stellen ist Platz für Bildunterschriften vorgesehen worden, die Graham in diesem Fall handschriftlich eingetragen hat.
Alle Fotografien der bisherigen Ausgaben kehren im Offset-Print für Herman Daled wieder; hinzu kommen zum ersten Mal Innenaufnahmen von Modellhäusern und solche, die Bewohner und Bewohnerinnen zeigen. Auch wenn einige der Bilder schon Verwendung gefunden haben, entfalten sie eine Wirkung, die sie genauso ‚neu‘ scheinen lassen, wie jene, die im Offset-Print ihre Premiere haben. Die Farbigkeit rückt die Häuserreihen und Hauseingänge weg von Assoziationen mit der Textarchitektur und hin zu den neuen Fotografien, die den pseudo-soziologischen Artikel illustrieren und das Leben in New Jersey dokumentieren. Die beiden Interieuraufnahmen zeigen zwar Privaträume, diese sind jedoch über-akkurat hergerichtet und verfügen über keine persönliche Note.[20] In ihrer Auswahl und Zusammenstellung evozieren Grahams Fotografien Tristesse und Eintönigkeit und entsprechen seiner Intention, Reportagen in Hochglanzmagazinen zu imitieren.[21] Die Ergänzungen der Farbfotografien mit den handgeschriebenen Bildunterschriften wirken wie eine Zugabe mit dem Sinn, die ursprüngliche Intention wiederherzustellen, welche durch die Veröffentlichung im Arts Magazine vereitelt wurde. Jedoch handelt es sich bei dem Print von 1972 um das genaue Gegenteil eines massenproduzierten Zeitschriftenartikels mit Verfallsdatum, sondern um ein Unikat auf Auftrag. Das, was wie eine Vorarbeit zu einem Magazinessay aussieht, kann erst nach diesem entstehen, denn Graham verwendet das bereits Gedruckte als Material für seine Collage. So ist die Foto Offset-Veröffentlichung als eine Retrospektive lesbar, in der er seine Fotoarbeiten einerseits und seinen Artikel andererseits überkreuzt und sie wie in einem Erinnerungsalbum ausschneidet und aufklebt. Doch auch diese Einsicht gilt mit Einschränkungen, da Graham die Textbausteine der Lithografie zwar verwendet, wo sie allerdings nicht passen, wird der Text neu gesetzt und dann geschnitten (zumal die Ausschnitte für die Arbeit zugleich vergrößert werden mussten).[22] Wenn nicht mit der Lithografie aus dem Vorjahr schon geschehen, dann platziert Dan Graham Homes for America nun endgültig in der Kunstwelt, indem er eine Spezialanfertigung für den Kunstsammler Herman Daled verwirklicht.
Variante #9: For Publication, 1975
For Publication wird 1975 anlässlich einer Ausstellung in der Galerie des Otis Arts Institute of Los Angeles herausgegeben und Homes for America dafür vollkommen überarbeitet. Eine Anspielung auf die ursprüngliche Veröffentlichung im Arts Magazine ist mit der Aufteilung in Spalten gemacht, jedoch wird mit dem Schriftanteil frei verfahren und jener ästhetisch mit ausgewählten Fotografien arrangiert.
Auf der dem Titel folgenden Doppelseite macht sich Dan Grahams Beschäftigung mit Printdesign bemerkbar. Die linke Seite ist thematisch und visuell zweigeteilt: Oben befasst man sich mit den Hausmodellen, unten mit den Fassadenfarben. Jeweils interagieren die Listen mit den getreppten Elementen in den korrespondierenden Fotografien. An dieser Stelle übernimmt Graham ein Element aus der Nova Scotia Lithografie: Dort wurde ein graues Rechteck eingeführt und mit „Moonstone Grey“ beschriftet, um eine Farbprobe zu imitieren. Das Spiel, eine Musterfarbe in einem Schwarzweißprint abzubilden, wenngleich sie auch grau gewesen ist, erfährt in der For Publication-Variante ein ironisches Zitat. Denn anstatt ein graues Rechteck einzufügen, befindet sich an dieser Stelle ein schwarzer Balken mit der gleichen Farbbezeichnung.
Dem ‚Monument‘ Homes For America ist auf der letzten Seite mit einer Fotografie, die die untere Seitenhälfte einnimmt, ein Schlusspunkt gesetzt. Sie nimmt die Bildinhalte der vorausgehenden auf, indem sie abgestufte Hausfassaden, Hauseingänge und Treppen zeigt; dies jedoch in abgewandelter Form, sodass ein anderer Aufnahmeort offensichtlich wird und die Universalität des beschriebenen Phänomens unterstrichen ist.
Mit For Publication stellt Graham die Frage nach „Design als Kunst“. Er gestaltet diesen Katalog als fast quadratisches, weiß glänzendes Präsentationsobjekt.[23] Dementsprechend wird mit dem Inhalt umgegangen, denn die dort abgedruckten „printed matter” werden nicht als Wegwerfprodukte behandelt, die mit der nächsten Magazinausgabe in Vergessenheit geraten. Ihnen wird viel Raum gegeben, indem vor allem die Überschriften für jedes Kapitel/jedes Werk, aber auch die neu gesetzten Texte besonders groß gedruckt sind. In schlichtem, hochglänzendem Weiß gleicht For Publication selbst einem dreidimensionalen Ausstellungsstück. Homes for America, das als zweidimensionale Intervention gegen die Galerie und den Status des Kunstobjekts seinen Weg begonnen hatte, ist Teil eines Designobjekts geworden.
Variante #11: Articles, 1978
Rudi H. Fuchs (später Direktor der documenta 7) holt Dan Graham 1978 in die Niederlande, um ihn dort im Van Abbemuseum in Eindhoven zu präsentieren. Es entsteht ein aufwändiges Künstlerbuch mit dem schlichten Titel Articles. Es enthält eine Auswahl kunsttheoretischer und popkultureller Texte Grahams und Homes for America. Auch dieses Mal wird Homes for America an die übrigen Texte angeglichen, dennoch wird seine besondere Bedeutung durch das Ausmaß, das Homes for America in Articles einnehmen darf, deutlich. Über zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung, als der Essay gerade einmal eine Seite und eine halbe Spalte lang war, ist er bedeutungsschwanger auf sechs Seiten ausgedehnt.
„Homes for America“ ist neu gesetzt und steht einzeilig, groß, schwarz und zentriert auf dem weißen Papier. Auf der folgenden Seite sind zwei einstimmende Elemente platziert: oben ein fotografisches Bild, unten ein Schriftbild. Die Fotografie, wie alle weiteren in dieser Variante, hat Homes for America in der Vergangenheit schon visuell begleitet. Der Textblock am unteren Seitenrand korrespondiert optisch, der Text stammt allerdings nicht von Dan Graham, sondern ist ein Kommentar von Fuchs und steht dennoch innerhalb des Layouts. Für den ausgewogenen Gesamteindruck nimmt Dan Graham wieder einige Fotografien aus der Komposition heraus, die den Artikel manches Mal überfrachtet hatten und kreiert Orte, an denen das Auge verweilen kann.
Graham entscheidet sich, die Parodie auf eine Farbprobe mit in diese Version aufzunehmen, jedoch handelt es sich nicht um die einfache Übernahme des schwarzen Balkens, sondern um ein gräuliches Rechteck, das nun tatsächlich dem Farbton „Moonstone Grey“ entsprechen könnte. Unter die vergleichsweise neue Abbildung fügt Graham „The Serenade“ der Florida Cape Coral Agentur ein, jene Abbildung, welche seit zwölf Jahren mit Homes for America assoziiert wird. Für die anschließende Seite übernimmt Graham aus For Publication, Schrift und Bild so zu verteilen, dass die Buchstabensäulen neben die „Like“s und „Dislike“s rücken.
Die vorletzte Seite enthält keinen Fließtext, sondern große Abzüge der zwei Fotografien, die die parallelen Hauseingänge dokumentieren. Graham setzte sie erstmals im ‚Fake‘-Artikel in End Moments (1969) ein, um die Geschichte des Artikels rückwirkend zu ändern und um dessen vermeintlich intendiertes Aussehen wiederzugeben. Damals wirkten die Bilder klein und formatiert in eine Spalte gepresst wie fotografische Entsprechungen der treppenden Listen und parallelen Spalten und stellten so Bezüge zwischen geschriebenem und abgebildetem Inhalt her. In Articles scheinen sie aufgrund ihrer Größe für sich zu stehen und keine (nur) unterstützende Funktion zu haben. Mehr denn je ist der Betrachter geneigt an Fotojournalismus zu denken. Die letzte Seite beschließen die restlichen Zeilen des Artikels. Unter, über und rechts des kurzen Abschnitts breitet sich das Weiß des Papiers aus – die Homes for America-Variante in Articles kommt einer Versöhnung aller bisherigen Versionen gleich.
Homes for America von 1978 endet ohne vorzugeben ein Reprint aus einer Zeitschrift zu sein. Mehr noch: der Kommentar, dem Fließtext vorgeschaltet, enthüllt bereits das Geheimnis, noch bevor der Leser mit der Lektüre beginnt. Dort beschreibt Fuchs knapp den Hergang der Initialveröffentlichung von Homes for America. Er erwähnt die Dia-Show „Projected Art“, den Vorschlag des Arts Magazines, die Bilder zu veröffentlichen und enthüllt: „[…] in the December-January issue 1966-67, they had removed all but one photograph, thus destroying the author’s original intention.“[24] Von diesem Zeitpunkt an wird Dan Graham keine Publikation des Essays mehr als Original-Layout tarnen und beendet das Verwirrspiel.[25]
IV.
Dan Graham hält sich gestalterisch durchweg an die Magazinform, jedoch verändern sich mit den Publikationsbedingungen die Materialität des Trägermediums und der Raum, der Homes for America zunehmend gegeben wird – sei es durch die Ausdehnung auf mehrere Seiten oder durch die Vergrößerung des Formats. Das jeweilige Ausmaß des Artikels ist nicht zuletzt der Anzahl der verwendeten Fotografien geschuldet. Generell wählt Graham für alle verschiedenen Versionen aus denselben acht Bildern aus.[26] Die Fotos wirken zudem auch über die Artikel-Varianten hinaus, insofern sie ohne den Graham-Text rezipiert werden, in anderen Zusammenhängen abgedruckt sind, „Originale“ sowie Abzüge mittlerweile weite Distribution erfahren haben und bis heute weitere Aufnahmen angefertigt werden, die gemeinsam mit den „alten“ Homes for America unter dem selben Titel gezeigt werden.
Was als Fake-Reportage für ein Massenmedium begann, gelang anschließend in ein limitiertes Künstlerbuch und von dort aus, über kunsthandwerkliche Reproduktionen, schließlich in einen Museumskatalog. Homes for America ist als eine Arbeit zu behandeln, welche aus gleichberechtigten Segmenten besteht und dessen Reiz aus der Verstrickung und der Wiederholung entsteht und nicht aus der vermeintlichen Radikalität des schnell zusammengeschriebenen Essays in den späten 1960er Jahren.[27] Erst mit den Wiederholungen, besser gesagt nach ihnen, entsteht das Bewusstsein um ein „Original“. So kann der Artikel im Arts Magazine nur retroaktiv zur Inkunabel der Konzeptkunst werden – Nämlich erst dann, wenn er Ausstellungsobjekt, Sammlerstück und wissenschaftlicher Gegenstand geworden ist.
[1] 1966, in: Arts Magazine, Vol. 41, Nr. 3, Dezember 1966-Januar 1967, New York 1966, S. 21-22.
1970, in: Dan Graham, End Moments, New York 1969/70, S. 43.
1970, in: 1966, John Gibson Gallery, New York 1970, o.S.
1971, in: Interfunktionen, Nr. 7, Köln 1971, S. 65-67.
1971, Lithografie, Nova Scotia College of Art & Design, Halifax, 1971.
1972, in: Dan Graham, Selected Works. 1965-1972, Lisson Gallery, London 1972, o.S.
1972, Foto Off-Set Print, Privatsammlung Daled, Brüssel 1972.
1974, in: Dan Graham, Textes, Galerie 17, Paris 1974, o.S.
1975, in: Dan Graham, For Publication, Otis Art Institute of Los Angeles, Los Angeles 1975. S. 15-18.
1976, in: Dan Graham, Kunsthalle Basel, Basel 1976, S. 18,19/20/21.
1978, in: Dan Graham: Articles, Van Abbemuseum, Eindhoven 1978, S. 5-10.
[2] Erstmals abgedruckt in: Art & Language, Vol. 1, Nr. 1, Mai 1969, S. 11-13 veröffentlicht. Seine Paragraphs on Conceptual Art erscheinen in: Artforum, Vol. 5, Nr. 10, 1967, S. 56-57.
[3] Vgl. Mike Metz & Dan Graham: Dan Graham, in: BOMB, Vol. 46 (Winter 1994), New York 1994, S. 2, URL: http://bombsite.com/issues/46/articles/1722 [10.9.2015].
[4] Vgl. Benjamin H. D. Buchloh, Conceptual Art 1962.1969: From the Aesthetics to Critique of Institutions, in: OCTOBER, Vol. 55 (Winter 1990), Cambridge 1990, S. 123.
[5] Vgl. Mark Wigley: The Reluctant Artist, in: Craig Buckley & Mark Wasiuta (Hrsg.): Dan Graham’s New Jersey, New York 2012, S. 92.
[6] Vgl. Gloria Moure: Dan Graham, in the Third Discontinuity, in: dies. (Hrsg.): Dan Graham, Barcelona /Santiago de Compostela 1998, S.13-18.
[7] Die Ausstellung fand vom 8. Dezember 1966 – 8. Januar 1967 im Finch College Museum of Art statt, kuratiert von Elayne Varian. Vgl. Rhea Anastas: Chronology of Works and Writings 1965-2000, in: Marianne Brouwer (Hg.), Dan Graham. Works 1965-2000, Düsseldorf 2001, S. 102.
[8] Dan Graham im Interview mit Mark Wasiuta (8. Februar 2007). Vgl. Mark Wasiuta & Dan Graham: Interview, in: Craig Buckley & Mark Wasiuta (Hg.), Dan Graham’s New Jersey, New York 2012, S. 104-105.
[9] Das Bild befindet sich dort auf der Doppelseite 27 des zweiten Teils und ist mit „Wooden Houses, Boston, Massachusetts, 1930“ betitelt. Vgl. Evans, Walker, American Photographs, New York 1938 / hier: FÜNFUNDSIEBZIG JAHRE AMERICAN PHOTOGRAPHS. Die Jubiläumsausgabe des Department of Publications, The Museum of Modern Art, New York / München 2012, S. 27.
[10] Vgl. Wasiuta & Graham 2007, S. 105.
[11] Vgl. Graham 1969/70.
[12] Vgl. Graham 1969/70, S. 42.
[13] Die Variante übernimmt zwar das Aussehen eines Zeitschriftenaufsatzes, nicht aber die Nennung des Magazintitels und der Ausgabennummer am rechten unteren Seitenrand. Der Verweis auf das Arts Magazine erfolgt erst bei den „Credits“ am Katalogende: „’HOMES FOR AMERICA’ first published: ARTS MAGAZINE, December-January, 1966-67“.
[14] Dan Graham: Homes for America, in: Interfunktionen, Nr. 7, 1971, S. 65-67. Interfunktionen erscheint von 1968–75 in Köln. Es soll in der Zeitschrift Kunst stattfinden und diese demgemäß gestaltet werden. Das „direkte“ Layout besteht mitunter aus Originalen und Faksimiles, welche folglich auf unterschiedlichem Papier gedruckt sind und somit eine heterogene Erscheinung und Haptik bedingen. Dass Interfunktionen rückblickend die maßgeblichen Künstler jener Jahre vereint, erklärt Heubach rückblickend mit Empfehlungen, welche er von (Künstler-) Freunden erhielt – allen voran Dan Graham. Vgl. Friedrich W. Heubach, Interfunktionen 1968-1957, in: Gloria Moure (Hg.): Behind the facts. Interfunktionen 1968-1975, Barcelona 2004, S. 46 und S. 50-51.
[15] In Interfunktion ist demnach der englische Text abgedruckt. Für spätere Versionen in Paris (1974) und in Basel (1976) ordnet Graham Übersetzungen in Französisch und Deutsch an. Der Grund für die Wiederverwendung des schon existierenden Druckmaterials könnte in der unsteten finanziellen Lage von Interfunktionen zu finden sein. Vgl. Heubach 2004, S. 51.
[16] 1982 veröffentlicht die NSCAD Press einen Katalog, der u.a. Reproduktionen der am College entstandenen Lithografien und die Publikationen des Verlags listet. Für Homes for Amerika lautet die Angabe: “One colour lithograph, 22” x 30”, image size 18” x 18”, Edition of 50 on Arches paper, 1971, NSCAD Print ‘143” Vgl. “Prints from the Collection”, in: NSCAD: The Nova Scotia College of Art & Design(Hg.) prints and books, Nova Scotia College of Art & Design, Halifax 1982, S. 29. Die Lithografie scheint zwischen dem 19. Februar und dem 10. Mai 1971 verwirklicht worden zu sein. So lautet zumindest die Bildunterschrift zu einer Abbildung der Lithografie in einem Interview zwischen Graham und Hans Ulrich Obrist. Vgl. Hans Ulrich Obrist, Dan Graham, The Conversation Series, Bd. 25, Köln 2012, S. 108.
[17] Außerdem sind all jene Listen, die nicht zentriert sind (das heißt alle außer den Buchstabenpermutationen), nun nicht mehr wie in der Zeitschrift von 1966/67 eingerückt, sondern am Spaltenrand ausgerichtet. (In Interfunktion war die Ortsliste auch schon an den Spaltenrand gerückt.)
[18] Robert Smithson benennt Arbeiten, welche aus einer solchen Praxis entstehen, als „Language to be looked at and/or things to be Read“. Sprache werde gleich Objekten behandelt – sie könne angesehen werden, angehäuft, aufeinander gebaut und umher bewegt werden – genauso wie umgekehrt mit Objekten gleich wie mit Worten verfahren werde, indem man sie lesen und interpretieren könne. Er erklärt: „Language operates between literal and metaphorical signification. The power of a word lies in the very inadequacy of the context it is placed, in the unresolved or partially resolved tension of disparates.“ Smithson erklärt zudem: „My sense of Language is that it is matter and not ideas – i.e. „printed matter.““ Vgl. Robert Smithson, Language to be Looked at and/or Things to be Read, Dwan Gallery Press Release, Juni 1967, in: Smithson 1996, S. 61.
[19] Vgl. Eric Cameron, The Institution in Proportion – Why NSCAD Works, in: NSCAD: The Nova Scotia College of Art & Design 1982, S. 22. Ob dem exakt so gewesen ist bleibt zu bezweifeln. Zum einen ist zu bedenken, dass Graham die Überschrift nicht erdacht hat. Zum anderen stellt sich die Frage, inwieweit Graham die Magazin-Typografie, deren Schriftgröße usw. bedacht haben könnte und vor allem an welcher Stelle der Artikel in der Zeitschrift gestanden hätte.
[20] Die Bildunterschriften verraten, dass es sich um Interieurs von Modellhäusern handelt, also um Räumlichkeiten, die nicht von Privatleuten nach ihrem Geschmack eingerichtet sind. Den Informationscharakter, der die Außen- und Innenaufnahmen (inkl. Bildunterschriften) auszeichnet, ist durch die zwei nicht von Graham aufgenommenen Bilder ergänzt. Eine der Abbildungen ist der Ausschnitt „The Serenade“ – aus einer vorherigen Version herausgeschnitten und daher als einziges Bild schwarz-weiß – und ein Farbbeispiel „LAWN GREEN“. Das kleine, grüne Rechteck ist innerhalb der Aufzählung der Fassadenfarben platziert. In der Lithografie am NSCAD hatte Graham bzw. der Workshop auch schon ein solchen Rechteck eingefügt. Damals war es „Moonstone Grey“ gewesen, ein Farbton der bei einem unfarbigen Druckergebnis trotzdem getroffen werden konnte. Die Beschriftung „LAWN GREEN“ wurde nicht per Hand auf das Trägerblatt geschrieben, sondern gedruckt, ausgeschnitten und aufgeklebt.
[21] Dan Graham : „[…] what I was doing with Homes for America […]was a parody of a serious article in Esquire by a sociologist together with a good photographer, bemoaning the banality of the suburbs“. Vgl. Obrist 2012, S. 112.
[22] So hat bspw. die Überschrift ohne den Untertitel vorher nie existiert und auch die Buchstabenpermutationen mussten erneut zusammengefügt werden.
[23] Ein Artikel Dan Grahams, der 1986 im Museumjournaal (Otterloo) erscheint, gibt – wieder einmal aus der Retrospektive – Hinweise auf eine Auslegung. In Art as Design/Design as Art trachtet Graham danach, die Beziehung zwischen der Amerikanischen Pop Art und Fragen des Designs zu erörtern, da er jene Verbindungen durch die Kunstwissenschaft als verschüttet annimmt. In dem letzten Abschnitt des Artikels untersucht Graham John Knights Journal Piece, um unter anderem zu der Schlussfolgerung zu kommen, dass Kunstobjekte mitunter validiert werden, indem sie in Hochglanzmagazinen reproduziert und in ein wohl designtes Setting eingesetzt sind. Vgl. Dan Graham: Art as Design/Design as Art, Museumjournaal, no. 3-4, Otterloo 1986, S. 183-193. Wieder abgedruckt in: Dan Graham, Rock My Religion. Writings and Art Projects. 1965-1990 (ed. Brian Wallis), MIT Press, Cambridge 1993, S. 208-221.
[24] Vgl. Kommentar von Rudi H. Fuchs, in: Graham 1978, S. 6.
[25] Hier beschließt auch Mark Wigley den ‚Zyklus‘, Rainer Metzger hingegen zählt die Version in Dan Grahams Rock My Religion (1993) noch dazu. Vgl. Wigley 2102 und das Werkverzeichnis in: Rainer Metzger, Kunst in der Postmoderne: Dan Graham, Köln 1996.
[26] Lediglich in der mit farbigen Abzügen ausgestatteten Anfertigung für Herman Daled finden sich Fotos, die nur dort im Zusammenhang mit Homes for America zu sehen sind.
[27] Mark Wigley hat das Phänomen Homes for America richtig erkannt, wenn er schreibt:
„[…] the most radical dimension of Homes for America is systematically overlooked. It is not just that the photos never appeared in Arts Magazine. […] but the fact that a whole series of versions was produced, each which appears to show the original publication […].Homes for America can itself be seen as a serial work that follows its own description of the suburbs, with each variation of the essay having the same status as any version of a house in a tract development.“ Vgl. Wicgley 2012, S. 91. Mit der Einschränkung, dass nicht alle Varianten das Arts Magazine vorgaukeln, insofern manche den Zeitschriftenverweis nicht enthalten.