All-over-Prinzip (engl. all over „über alles hinweg“), flächendeckende, traditionelle Regeln der Komposition negierende Gestaltungsweisen im Action Painting.
(Reclams Sachlexikon der Kunst)
„Über alles hinweg“ ist in gewisser Weise auch ein Prinzip der Publikation ALL-OVER und so möchte die vorliegende Ausgabe die eine oder andere Grenze ins Auge fassen und auch überschreiten. Aus dieser Überlegung heraus ist unsere neue Rubrik „Grenzgänge“ entstanden, die gezielt Berührungsmomente zwischen unterschiedlichen Disziplinen, Tätigkeiten oder Orten aufspürt. Interessante Berührungszonen sollen aufgezeigt und ihre Akteurinnen und Akteure befragt werden. Mit der Künstlerin Barbara Graf haben wir über das Verhältnis von Kunst und Mode gesprochen und dabei nach der zentralen Rolle des Körpers in ihren Arbeiten gefragt.
Katharina Hermann denkt in ihrem Beitrag anhand der Kriterien von Funktion und Funktionslosigkeit am Schaulager von Herzog & de Meuron über die Grenze zwischen Kunst und Architektur nach. Tim Pickartz widmet sich hingegen der Frage nach dem Wechselspiel von Peripherie und Zentrum hinsichtlich der bevorstehenden dOCUMENTA (13) in Kassel. Das Großereignis in der deutschen Kleinstadt, das dieses Jahr unter der Leitung von Carolyn Christov-Bakargiev steht, wird mit der Schwierigkeit konfrontiert, die Grenzen zwischen Kunst und Kontext auszuloten.
Jürgen Buchingers Auseinandersetzung mit dem Projekt The Atlas Group Archive des libanesischen Künstlers Walid Raad beschäftigt sich mit der Bedeutung von Nachträglichkeit als besonderem Modus zur Konstruktion historischer Ereignisse. Inwiefern ist damit die Möglichkeit der Schaffung eines kollektiven Gedächtnisses für die Erfahrungen des Krieges gegeben?
Eine Sprachgrenze überbrückt ALL-OVER erstmals mit einer Ausstellungsbesprechung in englischer Sprache von Tessel M. Bauduin. Die in Amsterdam lebende Autorin analysiert die Ausstellung L’Europe des esprits ou la fascination de l’occulte, 1750-1950, die zunächst im Musée d’Art Moderne et Contemporain in Strasbourg gezeigt wurde und demnächst im Zentrum Paul Klee in Bern zu sehen sein wird.
Neues Territorium erschließt sich für uns auch mit der Präsentation künstlerischer Arbeiten, die fortan fixer Bestandteil von ALL-OVER sein wird. Der in Linz lebende Künstler Gregor Graf zeigt in dieser Ausgabe eine Bildstrecke, die durch eine atlasähnliche Zusammenstellung seiner Fotografien nicht nur einen Überblick über seine Arbeiten, sondern auch neue Sinnzusammenhänge und Bezüge zwischen diesen eröffnet.
Ebenfalls neu ist das Layout von ALL-OVER. Grafiker Michael Hübner zeichnet sich nun für die Ebene der Gestaltung dieser Publikation verantwortlich.
Wir bedanken uns bei allen, die zur Entstehung dieser Ausgabe beigetragen haben, ganz besonders bei den Autorinnen und Autoren für die reibungslose und fruchtbare Zusammenarbeit, die uns auch diesmal wieder viel Freude bereitet hat.
Hannah Bruckmüller | Jürgen Buchinger | Dominique Laleg